Samstag im September. Nachmittägliche Stille hängt schwer über Rossdorf . Graue Wolken drohen mit Regen, den sie doch nicht bringen.
In den Gärten rund ums Gemeinschaftshaus wird gewerkelt, Autos werden geputzt, ein Schwätzchen mit dem Nachbarn gehalten – ein friedlicher Rossdorf-Samstag eben …
Langsam füllen sich gegen 15:00 die Bierbänke auf der Freifläche am Ladenzentrum, der Duft der ersten Grillwürste zieht durch die Strassen, Livemusik von der Wersi-Orgel : es ist das lezte Ferienwochenende und der Bürgerverein hat zum Strassenfest eingeladen. Fröhliche Gesichter überall, alles ruhig , doch plötzlich – Donnergrollen! Hat das Wetter umgeschlagen und es gibt doch noch ein Gewitter?

Mit dröhnenden Motoren biegen acht, zehn, zwölf schwere Harleys um die Ecke. Schwarzes Leder, Sonnenbrillen, grimmiger Blick. Welche Biker-Gang hat hier vor, das friedliche Fest zu stören?

Die Gäste schauen besorgt, nur Klaus Eicher lächelt, denn er weiss, was gleich passiert.
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Es sind die Jungs und Mädels des INDEPENDENTS, e.V. dem jüngsten Rossdorfer Verein, die versprochen haben, auf der Party eine besondere Attraktion zu bieten. Einmal auf der Harley Davidson, der amerikanbischen Motorradlegende, mitzufahren ist ein Wunsch, den viele Kids (und auch Väter) schon lange hegen.

Ein Euro pro Runde für Kinder, zwei Euro für Erwachsene. Doch das Ganze ist für einen guten Zweck, denn die Biker wollen das Geld nicht für die Spritkasse oder gar in BECK’s Green Lemon anlegen, sondern haben schon angekündigt, dass die Einnahmen zugunsten der Rossdorfer Jugendklubs gespendet werden.

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Es sind genügend Bikes zum Mitfahren vorhanden, darunter auch ein Gespann und ein Trike, Helme sind da, die Strecke ausgesucht – eigentlich könnte es losgehen. Doch irgendwie scheinen die Rossdorfer schüchtern zu sein. Niemand traut sich so recht auf den Sozius und schon gar nicht scheinen die besorgten Eltern ihre Kids den verwegenen Gestalten anvertrauen zu wollen.

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Doch was wäre die Welt ohne unsere Senioren! Eine muntere Dame in den Siebzigern, frische Dauerwelle für das Stadtfest, bricht das Eis und ist die Speerspitze der Mutigen. Sie kann zwar nicht auf den Rücksitz einer E-Glide klettern, da sie den linken Arm und das linke Bein kaum bewegen kann – aber schliesslich ist ja auch noch mein komfortables Gespann im Angebot. Und eine Fahrt im Beiwagen ist schliesslich auch was, das man den Enkeln erzählen kann. Den Rossdorfweg runter, die Max-Eyth-Strasse vor , und dann über die schnellen Kehren der Berliner Strasse wieder hoch zum Festplatz – meine erste Beifahrerin ist hell begeistert !

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Und dann nimmt der Ansturm keine Ende mehr! Schliesslich will sich niemand eine Blösse geben und zaudern, wo sich unsere Senioren wagen! Zeitweise gibt’s richtige Wartelisten für die Fahrten im Beiwagen , auf den Glides und Olly’s Trike – und ein paar ganz verwegene trauen sich sogar auf den knappen Sozius der Buell’s.
Unablässig müssen Runden gedreht werden und damit’s für die Fahrer nicht allzu langweilig wird, werden zwei Strecken alternativ gefahren. Entweder unten rum durchs Industriegebiet oder die Humpfentalstrasse hoch bis zum Aldi und über die Südumgehung zurück.

Kleinstkinder und Jugendliche, Mütter, Väter, Rentner – plötzlich will jeder mal eine Runde drehen. An die 100 Runden werden gedreht, ohne Pause – da kann man erst mit den armen Busfahrern mitfühlen! Und obwohl eigentlich um 6 Uhr Schluss sein sollte, ist es doch schliesslich weit nach 7 Uhr, als ich mit dem Gespann die letzte Runde drehe. Feierabend, langsam wird’s auch frisch!

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118 Euro sind zusammengekommen (offensichtlich wurden dazu auch einige Sparschweine geknackt, denn beim Zählen waren eine Menge Centstücke dabei), und weil wir so gut drauf waren und offensichtlich alle Spass hatten, haben wir die Summe auf 150 Euro aufgestockt!
Bis zum nächsten Jahr beim Rossdorfer Bürgerfest – die INDEPENDENTS sind sicher wieder dabei!